Sagte ich schon, dass ich Telefonangst habe? Nicht vor dem Sprechen, nur vor dem Klingeln. In den vergangenen Wochen habe ich mal Strichliste geführt: In mindestens 5 von 10 Anrufen – oder auch E-Mails, PNs und Whatsapps -, die unsere Hunde betreffen, geht es um Probleme. Gesundheitliche. Verhaltenstechnische. Finanzielle. Organisatorische. Das ist schon anstrengend genug, aber nicht selten heißt es irgendwann im Verlauf auch noch:
Der Hund muss weg!
Natürlich nicht wörtlich; da lautet es eher: „es wäre besser für Lumpi, wenn Ihr einen neuen Platz für ihn sucht“, oder „ich bin ja auch traurig, aber mein Mann macht das nicht mehr mit“ oder so ähnlich …
7 Jahre mal ca. 50 importierte Podencos pro Jahr … die Zahl der Rückläufer, die mich theoretisch jeden Tag kalt erwischen kann, ist inzwischen wirklich beängstigend. Auch faktisch werden es natürlich immer mehr; ob nun allein aufgrund der wachsenden Basis oder auch, weil die Leute immer schneller aufgeben …? Das lasse ich mal dahingestellt und wehre mich gegen meinen subjektiven Eindruck. Fakt ist, im Moment kommen sie von allen Seiten:
Da sind zum einen die Rückläufer von festen Adoptanden. Und damit meine ich gar nicht mal die ersten drei bis sechs Wochen nach der Vermittlung, in denen man eh noch auf der Hut ist und versucht, die Pflegestelle noch nicht wieder neu zu besetzen: Bekommen die Leute das wohl mit der Katze hin? Wann wird der Hund stubenrein? Und wann fangen die Hunde an, miteinander zu spielen und zu schnäuzeln, sodass alle Erwartungen erfüllt sind? Manchmal wird nämlich die Frage, unter welchen Umständen man einen Hund wieder abgeben würde, nach der Adoption plötzlich ganz anders als im Fragebogen beantwortet. Aber wie gesagt, darauf sind wir gefasst.
Auch nach Monaten oder gar Jahren kann es aber noch jederzeit klingeln, das Telefon. Gründe gibt es unzählige: Ein paar echte und … andere, die mich hin und wieder (ver)zweifeln lassen. Anders als in Spanien sind es hierzulande selten finanzielle Gründe (vielleicht traut man sich aber auch nicht, das offen zu sagen?) oder die neue Wohnung, in der keine/weniger Hunde erlaubt sind. Besser macht es das aber nicht unbedingt: Mehr Jagdtrieb und Zug auf der Leine als erwartet oder mangelnde Bindungsfähigkeit des Hundes (draußen wohlbemerkt und im Vergleich zum Ersthund, dem Border Collie) sind für mich keine legitimen Abgabegründe für einen Podenco, insbesondere nicht nach der umfangreichen Aufklärung über die Rasse, um die wir uns vor der Vermittlung bemüht haben. Trennung oder keine ausreichende Zeit mehr für den Hund neben Job und Kind … machen mich dagegen einfach nur traurig. Letztlich weiß ich aber in all diesen Fällen, und diskutiere deshalb auch nicht mehr: Wenn der Mensch nicht glücklich mit dem Hund ist, kann es der Hund auch nicht mit dem Menschen sein. Also ziehen wir seufzend los und suchen ein neues Zuhause …
Andere Fälle ärgern mich eher. Zum Beispiel der beliebte Rückzieher-Dreisprung:
Jemand verliebt sich in einen Hund, der noch auf Mallorca ist, möchte ihn unbedingt haben, allerdings auch völlig sicher sein, dass das Zusammenleben zu Hause funktioniert. Deswegen wird er „Pflegestelle mit Option“ – was im Grunde Blödsinn ist (prinzipiell hat ja jede Pflegestelle die Möglichkeit zur Adoption, bis die ersten Interessenten auftauchen, sonst würden wir ihr den Hund von vornherein nicht anvertrauen), heißt aber nun mal gemeinhin so. Der Hund kommt also an, die Wochen ziehen ins Land, nur die „Option“ gerät irgendwie in Vergessenheit. Das hat üblicherweise einen von zwei Gründen: Entweder ist es das Geld (wozu einen Hund bezahlen, der eh schon da ist?) Oder aber es läuft nicht ganz schlecht mit dem Hund, aber eben auch noch nicht soo toll wie erhofft. Vielleicht pöbelt der Hund noch an der Leine oder mag noch nicht allein bleiben oder oder. Wenn dann ganz offiziell die Adoptionsabsicht gecancelt und der Hund zum einfachen Pflegehund wird, wird es heikel: Trotz gegenteiliger Beteuerungen würde ich inzwischen auch größere Summen darauf verwetten, dass mich innerhalb der nächsten zwei Wochen die finale Nachricht ereilen wird: Der Hund muss weg! Komplett und am liebsten sofort. Und dann beginne ich zu rotieren, denn bei Pflegestellen haben wir vertragsgemäß nur 7 Tage Zeit, um für den Hund ein neues Körbchen zu finden …
Ach ja, die Pflegestellen, Säulen unserer Arbeit – die Guten zumindest! Ohne sie könnten wir nur einen Bruchteil der Hunde unter unsere Fittiche nehmen. Zum einen, weil der Platz im Tierheim sehr begrenzt ist; zum anderen aber auch, weil Hunde, die schon in Deutschland sind, einfach viel schneller ein neues Zuhause finden, weil sie leicht besucht werden können und Interessenten in einem liebevoll geführten und reich bebilderten Tagebuch schon viel mehr über Wesen und Verhalten des Hundes im Familienumfeld erfahren können. Zu jedem Zeitpunkt haben wir etwa genauso viele Hunde auf Pflegestellen wie im Tierheim. Und den belastbaren Pflegestellen, die sich immer wieder auf neue Hundepersönlichkeiten mit den unterschiedlichsten Anfangsproblemen einlassen und sich von kleinen und großen Widrigkeiten wie angekauten Sofakissen oder Angstreaktionen des Hundes nicht so schnell schrecken lassen, gilt unser Riesendank! Andere Pflegestellen allerdings … werden zum echten Stressfaktor und kehren das Hilfsprinzip Pflegestelle auch schon mal ins Gegenteil.
Einen Pflegehund bekam ich mal nach nur einer Woche vor die Tür gesetzt, weil sich herausstellte, dass ich ganz privat mit einer Frau befreundet bin, die bei der Pflegestelle aus völlig unzusammenhängenden Gründen in Ungnade gefallen war. Andere halten sich nicht an Vereinbarungen bezüglich Tierarztbesuchen und -behandlungen und werfen beleidigt hin, wenn man das anmerkt. Manchmal wird der Hund auch einfach nur lästig, z.B. weil er über den Zaun springen kann und das irgendwann auch tut.
Besonders gern habe ich auch die Pflegestellen, die sich anscheinend schwersten Herzens dazu entschließen, einen Hund zur Vermittlung freizugeben, bei seinem Auszug Rotz und Wasser heulen und schwören, dass – sollte er zurückkommen – sie ihn nie wieder gehen lassen. Meist tritt dann im Fall des Falles Spontanamnesie ein, selbst nach nur wenigen Tagen … geblieben ist aus so einem, gar nicht so seltenen Fall, bisher noch kein einziger Hund, glaube ich. Einer musste sogar nach nur zwei Wochen ganz weg, weil er im Kurzzeit-Zuhause gelernt hatte, Türen zu öffnen. Es gab wohl keine Schlüssel mehr…?
A propos “Der-Hund-mus-weg-Anruf”: Wisst Ihr übrigens, woran ich schon im ersten Satz erkenne, dass es ernst wird? Wenn sie sagt: „Ich gebe Dir mal meinen Mann.“ In solchen Fällen darf der Bestandsbegrenzer offenbar seine Zweitrolle als Problemlöser einnehmen. Ob sie das so möchte oder ihm nur das Gefühl geben will…? 😎
Ach, Ihr hört es raus – ich bin genervt. Natürlich gibt es akzeptable Gründe, aus denen sich eine End- oder Pflegestelle von einem Hund trennen möchte oder muss. Unbestritten gibt es auch Konstellationen unter Lebewesen, die nicht funktionieren und für Mensch und Hund auf Dauer unzumutbar sind. Auch bei den besten Pflegestellen klappt es in einem einzelnen Pflege-Fall mal nicht, und dann muss tatsächlich ein neuer Platz her. Aber ich behaupte, deutlich mehr Hunde könnten ohne allzu große Mühe ein stabileres Umfeld genießen (und ich meine Nerven deutlich öfter schonen), als dieser Text leider zum Thema hat.
Manchmal muss man halt (nicht nur im Zusammenleben mit Hunden!) für das große Ziel eine Weile die Zähne zusammenbeißen und neue Regeln und Wege finden, auch wenn’s vorher bequemer war. Als Endstelle genauso wie als Pflegestelle, die mal angetreten ist, diesem einen Hund ein Sprungbrett und diesem einen Verein eine echte Hilfe zu sein. Denn – da zitiere ich ausnahmsweise mal den ollen St. Exupéry: „Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“
Mit meinem pubertären Riesenbaby Anakin habe ich zurzeit auch so meine Themen. Stressfrei ist das Zusammenleben für uns jedenfalls nicht, und ich muss viele Dinge anders organisieren, als ich es gerne würde. Blöderweise habe ich aber niemanden, dem ich mit meinem Anruf ein paar graue Haare bescheren könnte, dafür aber mein Problem schnell los bin .. . deshalb werden wir es wohl auch so hinkriegen 😉
Es tut mir so leid für diese Hunde… wenn man sich entschließt, Pflegestelle zu sein oder sogar einen Hund zu adoptieren, dann übernimmt man Verantwortung für dieses Tier. Manche Menschen wissen heute gar nicht mehr, was das ist Verantwortung zu tragen, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere.. ich habe die Verantwortung übernommen.. habe einen Podengo aus Portugal mit nach Deutschland gebracht, damit er nicht ins Tierheim kommt um dort getötet zu werden. Ich wußte damals nicht was ein Podengo ist, dachte es wäre ein Mischling.. ein Hund für meine Familie.. dann habe ich gemerkt, dass meine kleine Hündin Probleme hat, für meine Familie kam sie nicht in Frage, ich habe niemanden gefunden, der sie adoptieren wollte (da Podengo, kann nicht mit Kleinkindern, ist sozial nicht auf Menschen geprägt etc etc).. da habe ich sie behalten, auch um sie zu beschützen, und um die Verantwortung zu übernehmen, die ich ja schon damit übernommen hatte, indem ich sie „rettete“.. ohne zu wissen, was da auf mich zukommt. Ich hatte noch nie einen Hund, hatte immer Katzen.. bin ein Katzenmensch.. nun ja, mein ganzes Leben hat sich total geändert.. erst war es sehr stressig, ist es Immer nicht manchmal, aber es gibt mir soviel zurück, wenn ich sehe, wie glücklich die Kleine ist, wie entspannt, wie sicher und geborgen sie sich fühlt, wie ihre Augen leuchten, die damals so leer und trostlos mich anschauten.. leider versteht dies nicht jeder.. gerade Freunde nicht, die keinen Bezug zu Tieren haben.. habe mich von einigen getrennt, denn mich gibt es jetzt nur noch mit Polly.. ich wünsche, dass noch viele andere Hunde dieses Glück haben werden, dass man sie nicht aufgibt auch wenn es mal schwierig ist. Vielleicht werde ich bald arbeitslos, und dann .. aber ich würde Polly nie deshalb aufgeben, .. nur für einen Job.. irgendwie geht es immer weiter.. und ich arbeite schon lange im Tierschutz, oft sind es so viele Tiere, denen man nicht helfen kann und das macht mich total fertig.. so freut es mich umso mehr, dass ich wenigstens einem Tier helfen konnte.. ein Tier glücklich machen konnte..
ich verstehe, wenn es zu beissereinen im rudel mit dem neuen kommt, das man dann ne andere regelung finden muss, kein thema, aber ansonsten bin ich leider eine von den ps stellen, die die option sehr oft in anspruch nehmen, und ihren pflegi nimmer gehen lassen, dadurch besitze ich ein sehr soziales und festes rudel von insg 10 hunden , wo drunter 5galgos sind und 2 podis und 3 andere. aber das mit dem schnell weg, kenne ich vom fellnasentaxi und dann bitte umsonst verbringen , od sie kommen ins ta, so ein schmarren, ich verstehe es nicht, bei mir kommt nur ne umsetzung in frage beim adoptieren und dann können die jederzeit wieder ins rudel kommen , auch im urlaub od aber wenn der ps hund so überfordert ist , das er das beissen anfängt und dadurch das rudel gegen sich hat, denn dann stehen alle unter dauerstress und die gefahr das was passiert , ist extrem.
Ich kann mir absolut vorstellen wie genervt du davon bist. In unserer immer schnelllebigeren Gesellschaft muss einfach für viele alles immer jetzt sofort perfekt sein, ist es das dann nicht und es könnte in Kosten und Mühen enden, wird sofort das Handtuch geworfen. Dass der Weg eigentlich das Ziel ist und Hunde nun mal keine programmierbaren Roboter sind vergessen viele dabei. Leider kann man den Leuten ja nicht in den Kopf schauen und viele sind schlau genug zu wissen was sie zu sagen haben um anders rüberzukommen als sie eigentlich sind, womit sie überhaupt erst zu Pflege- oder Endstellen werden. Aus den Gründen wüsste ich auch nicht wie man den Prozess verändern / perfektionieren könnte um die Rückläuferquote zu minimieren. Denn diese Art Mensch gibt es nun mal leider =(
Aber als eine der Personen die so einen Rückläufer übernommen hat, ich bin immer noch in vielen Situationen heilfroh, dass diese Menschen damals Sookie (ALMAZ) zurückgegeben haben. Wenn ich daran denke wie oft sie sich anfangs bei ruckartigen Armbewegungen in ihre Kopfrichtung völlig verängstigt geduckt hat und wie empfindlich sie bis heute auf genervten oder aufbrausenden Ton reagiert, kann ich, nicht nur für mich persönlich die mit ihr einen absolut ANHÄGLICHEN Podi-Traumhund (viel toller als ein Boarder Collie jemals sein könnte 😉 ) bekommen hat, sondern auch in ihrem Namen sagen: Danke, dass diese Leute sie nicht einfach behalten haben, es wäre für sie kein schönes Leben gewesen! Und Danke, dass ihr sie zurückgenommen habt und mir anvertraut habt!!!
Daher, trotz alles Genervtheit auf eurer Seite, ich finde es gut, dass ihr so drauf seid, dass solche Leute sich mit euch in Verbindung setzen können ohne Angst zu haben um die Hunde ‚loszuwerden‘ und ihr nicht, wie manch andere Vereine, von einem einmal vermittelten Hund nie wieder was hören wollt. Rückgabe unmöglich etc. denn Leidtragende davon wären ja nur die Tiere die dann hier ein fürchterliches Leben hätten, hier im Tierheim landen, oder ausgesetzt würden.
Ich bin ja so oft auf der Seite und schaue mir die aktuellen Hunde an, schon soooooo oft waren da welche dabei die ich sofort pflegen wollen würde. Aber in meiner Situation ist das einfach zur Zeit nicht möglich. Was mich auch schon bei so manchem Hund ein paar Tränchen gekostet hat.