Calling Cats and Dogs


„Boah, was für ein Arsch!“

Ungefragte Kommentare über ihr Aussehen hat wohl jede Frau schon mal gehört, von wildfremden Männern, einfach so, im Vorbeigehen. Der Klassiker ist bis heute der nachpfeifende Bauarbeiter, und dem geht es üblicherweise nicht darum, der Frau ein ehrliches Kompliment zu machen, sondern vor allem darum, sie zu beschämen und sich vor seinen Kumpels zu profilieren. Arsch ist dabei nur einer, keine Frage.

Sein Ziel erreicht er dennoch: Die meisten Frauen machen intuitiv einen großen Bogen um Männergrüppchen, um sich nicht anmachen, kränken oder gar bedrohen zu lassen. Die latente Angst davor gehört zu unserem Alltag; wir kennen es nicht anders.

Catcalling“ wird dieses Phänomen der verbalen sexuellen Belästigung im angelsächsischen Raum genannt und ist auch in Deutschland inzwischen ein geläufiger Begriff, nicht zuletzt, weil eifrige Aktivistinnen in vielen Städten der Republik seit einiger Zeit ganz wörtlich ankreiden, wo es passiert. Sie wollen Bewusstsein schaffen für das, was in Deutschland – anders als beispielsweise in den Niederlanden oder Frankreich – nicht mal ein Bußgeld wert ist. Instagram ist voll davon.

Hunde, die bellen …

Anlasslos gekränkt werden auf der Straße aber nicht nur Frauen, weil sie Frauen sind. Gerne auch Frauen mit Hunden, der Hunde wegen.

Und ich meine dabei nicht Situationen, zu denen Frauchen irgendwie schuldhaft beigetragen hat, indem sie zum Beispiel den Kot ihres Hundes nicht aufhob, den Vierbeiner zu nah an ängstliche Passanten heranließ oder sich sonstwie ansatzweise rücksichtslos verhielt. Ich meine Bemerkungen von Menschen, mit denen es keinerlei Berührung gab – allein, dass Frau mit Hund in ihr Sichtfeld rückte.

Warum meinen Menschen im Vorbeigehen anmerken zu müssen, wie hässlich mein Hund – oder auch nur sein Mantel – ist (gerade bei der noch immer ungewöhnlichen Optik der Podencos ist das bis heute beliebt. Müssen sich Eltern von Kleinkindern so etwas eigentlich auch anhören?)? Oder warum meinen Rennradfahrer (die Hunde per definitionem zu hassen scheinen) einander, aber für mich sehr gut hörbar, zurufen zu müssen, dass „die Alte sicher keinen Stecher hat bei den ganzen Kötern„? Ich erinnere mich auch sehr gut an eine Horde johlender und applaudierender Rentner an Deck eines geankerten Rheinkreuzfahrtschiffs in der Kölner Altstadt, weil mein BALDUR sich unter einem Baum lösen musste – dabei hatte ich den Kotbeutel längst in der Hand und den Kot noch in der Luft abgefangen.

Warum tun Menschen das? Was ist die Idee dahinter? „Wenn ich einen Scheißtag habe, sollst du auch einen haben, dann fühl ich mich wieder besser“? Sind wir wirklich ein Land von Hundehassern? Oder ist das einfach typisch miesepetrig, intolerant und schulmeisternd deutsch? Oft genug haben mich schon Menschen darauf aufmerksam gemacht, dass mein Hund nicht auf den Spielplatz kacken oder an die Hecke pinkeln dürfe, während wir nur entfernt daran vorbeiliefen. Auf meinen Reisen mit Hund in Österreich, Italien, Spanien oder England ist mir Ähnliches interessanterweise nie passiert.

Und egal, wie dick mein Fell inzwischen geworden ist: Es bleibt verletzend. Die meisten Hundehalter in meinem Umfeld meiden beim Gassigehen weniger wegen der Unverträglichkeit des eigenen Hundes als der der Menschen nach Möglichkeit jede Begegnung und bemühen sich über Gebühr, bloß niemandem zur Last zu fallen, niemandem im Weg zu sein, jedes Bellen im Keim zu ersticken, jede Spur unserer Existenz zu eliminieren … kann das richtig sein?

Natürlich gibt es auch Asoziale unter den Hundehaltern, das ist mir wohl bewusst.  Genauso wie es auch schöne Begegnungen gibt mit tierfreundlichen Menschen, viele davon. Klar! Es sind ja auch bei weitem nicht alle Männer Catcaller, denen Frau mit oder ohne Hund begegnet. Das ist übrigens womöglich ein schwacher Trost in diesem Kontext: Mit (ausreichend großem) Hund an Frauchens Seite traut sich kaum noch ein Mann das Mauzen … 😉


P.S. Wenn Ihr meine Erfahrung teilt, würde ich mich freuen, wenn Ihr mir schreibt, welche Unverschämtheiten Ihr und Eure Hunde Euch schon anhören musstet und wo. Ich habe den Eindruck, da gibt es womöglich ein starkes Stadt-Land-Gefälle.

3 Gedanken zu “Calling Cats and Dogs

  1. Hi Christiane,

    das scheint wirklich ein deutsches Problem zu sein. Wir sind regelmäßig mit den Hunden in Italien und ganz besonders dort werden wir überall mit „Che belli cani!!!“ begrüßt- und jeder möchte sie anfassen oder die Leute bleiben bewundernd stehen, wenn wir die beiden (Bella gibt es ja leider nicht mehr) vor der Eisdiele abliegen und warten lassen. Wir nehmen die Hunde auch überallhin mit, auch in (passende) Restaurants. Im Ausland noch nie ein Problem gehabt, manchmal wird man ins Nebenzimmer gesetzt, ist uns nur recht, da ist es eh ruhiger. In Deutschland, in den schäbigsten Kneipen: „Was sollen denn die Köter hier?“ Echt jetzt? Sagt der versoffen aussehende Pseudo- Familienvater mit seinen verzogenen Blagen?

    Oder: „Guck, die musste sich so hässliche Tölen aus dem Ausland holen, um sich zu profilieren.“ Okay, was ihr von mir haltet, geht mir ja sowas von sonstwo vorbei, ihr asoziales Pack. ABER MEINE HUNDE SIND NICHT HÄSSLICH! 😉

    Auch in Österreich treffen wir auf weit weniger negative Menschen als hier, was verwunderlich ist, irgendwie. Ich glaube, es ist wirklich einfach typisch deutsch, darüber zu urteilen, was andere Leute wie machen, welchen Hund sie haben und warum, ohne sich dabei wirklich für sein Gegenüber zu interessieren.

    Freundliche Grüße aus Mochenwangen,

    Carmen

  2. I thought that in Germany people have more respect for other animals and that Homo Sapiens males treat women better than here in Catalonia.
    My main problem is with mountain bike riders. They go through the woods as if it were a racing circuit and, if we are wandering with the dogs, they frighten us and on top of that they get angry because they have to slow down or stop so we can get out of the path!

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