Alle Flugtage wieder stellen die neuen Eltern unserer mallorquinischen Schützlinge sich – und dann uns – dieselben Fragen zu Gesundheit, Verhalten und Zustand des Neuankömmlings. Deshalb haben wir die wichtigsten Antworten mal aufgeschrieben.
Flöhe und Zecken
Wir sind uns alle einig: Flöhe und Zecken braucht kein Mensch und Hunde schon gar nicht. Es gibt sie aber nun mal, auch auf Mallorca, und sie werden immer resistenter gegen alle Chemiekeulen. Die Hunde in unserem Tierheim werden regelmäßig mit Spot-ons imprägniert (im Pass eingetragen unter VI.), insbesondere vor der Ausreise werden sie noch einmal sorgsam abgesucht, evtl. auch gebadet, wenn es die Zeit erlaubt, und mit einem Killermittel (ohne Langzeitwirkung!) einmalig behandelt. Nichtsdestotrotz kann es insbesondere im Sommer sein, dass Sie auf Ihrem neuen Hund noch tote oder sogar überlebende blinde Passagiere finden. Wir legen Ihnen daher (u.U. auch aus geruchlichen Gründen 😉 ) ans Herz, Ihren neuen Mitbewohner direkt gründlich zu shampoonieren und zu duschen. Das wird ihn womöglich nicht sonderlich erfreuen, aber der Ankunftstag ist ohnehin schon purer Stress, da macht man am besten im wahrsten Sinne „einen Abwasch“ draus und kann dann entspannen.
Müdigkeit
A propos entspannen – stellen Sie sich vor, man hätte Sie gerade völlig unvermittelt in einer dunklen Kapsel auf den Mond gebeamt. So etwa muss sich Ihr Hund fühlen. Plötzlich ist alles anders: Andere Menschen, anderes Wetter, andere Pflanzen, andere Tiere, andere Gerüche, andere Geräusche, Etagenwohnung statt Zwinger, die man sich nicht nur mit fremden Menschen, wahrscheinlich auch noch mit fremden Hunden oder gar Katzen teilen muss … da würden wohl auch wir denken „hoppla, das muss ich erst mal sacken lassen“. Wundern Sie sich also nicht, wenn der neue Hund in den ersten Tagen, vielleicht sogar Wochen erst mal sehr erschöpft ist, viel schläft und gar nicht so lebhaft und lebensfreudig ist, wie wir ihn vielleicht beschrieben haben.
Lassen Sie Ihrem Hund Zeit anzukommen. Schleppen Sie ihn nicht gleich in den ersten Tagen zu den Verwandten, in die Stadt oder gar auf den Hundeplatz.
Vermehrtes Trinken
Neben der Müdigkeit ist auch vermehrtes Trinken ein oft erlebtes Zeichen des Umzugsstresses. Machen Sie sich also erst mal keine Sorgen, wenn Ihr neues Familienmitglied in den ersten Tagen, vielleicht auch Wochen, auffällig viel trinkt. Das normalisiert sich erfahrungsgemäß. Erst wenn weitere, eindeutigere Symptome hinzu kommen, sollten Sie evtl. über einen Tierarztbesuch nachdenken.
Stubenreinheit
Bei einem bisherigen Zwingerhund ist es klar – Stubenreinheit dürfen Sie nicht voraussetzen, obwohl generell gilt: Je älter, desto schneller begreifen die Hunde das Prinzip, weil sie ihre Hütte nicht gern beschmutzen. In aller Regel ist das Thema bei erwachsenen Hunden nach wenigen Tagen Konsequenz durch. Sobald der Hund unruhig wird, vor der Außentür herumlungert oder gar zum Pinkeln ansetzt, gehen Sie mit ihm nach draußen. Am besten gehen Sie rein profilaktisch nach jedem Aufstehen des Hundes kurz mit ihm raus, das nimmt ihm gleich den Druck aus den Lenden 😉
Übrigens kann es auch bei Hunden, die schon im Haus und in der Familie lebten, passieren, dass sie das lang Gelernte nicht direkt auf die neue Situation übertragen und kurzfristig nicht mehr stubenrein sind. Das findet sich aber ganz schnell wieder.
Etwas anderes ist das Markieren und das Stresspieseln. Auch wenn Sie bei Ihrem neuen Rüden mit dem „Nein“ nicht schnell genug sein sollten (übrigens markieren durchaus auch Hündinnen, nur nicht so hoch 😉 ) – irgendwann ist alles markiert, und das Problem erledigt sich von selbst, solange kein anderer drüber pieselt. Stresspieseln ist ebenfalls nichts Ungewöhnliches zu Anfang – Mutti geht aus dem Zimmer bzw. aus dem Haus, Hund ist gestresst und muss Druck ablassen. Hier ist genaues Beobachten gefragt, auf jeden Fall kein Schimpfen! In den meisten Fällen lernt der Hund schnell, dass Mutti immer wieder kommt, und das Problem verflüchtigt sich. Es gibt allerdings auch Hunde, die wirklich dauerhaft Stress beim Alleinbleiben haben, aber das ist ein anderes Thema …
Übrigens: Bitte seien Sie geduldig mit dem Hund, wenn er sich anfangs schwer tut, seine Geschäfte draußen zu verrichten. Manchmal ist es die noch ungewohnte Leine, die ihn davon abhält; manchmal die vielen neuen Reize draußen, über die er alles andere vergisst. Auch auf die Konsistenz des Kots kann sich – neben der Futterumstellung – der Stress des Umzugs negativ auswirken; bei einem ansonsten fitten Hund ist ein breiiger Durchfall daher erst mal nicht besorgniserregend.
Schreckhaftigkeit
Die meisten Hunde zeigen im neuen Umfeld Schreckreaktionen auf das ein oder andere. Während wir uns das beim Staubsauger noch nüchtern erklären können, neigen die meisten Hundeeltern dazu, ängstliche Reaktionen auf schnelle Bewegungen, erhobene Arme, Besenstiele oder Männer mit Hüten gleich mit Misshandlung zu assoziieren („was muss der arme Hund erlebt haben?„) – ist ja schließlich ein ungeliebter Hund aus dem Tierschutz! Gott sei Dank werden aber viel weniger Hunde, als Sie womöglich denken, auf Mallorca tatsächlich misshandelt – meist sind sie nur überflüssig oder uninteressant geworden, vielleicht wurden sie auch physisch vernachlässigt, aber selten gequält. Vielmehr ist das Problem – neben dem kompletten Tapetenwechsel jetzt -, dass die Hunde viel zu wenig erlebt haben und z.B. nur im Zwinger bzw. auf einem Grundstück gehalten wurden, mit wenig Umweltreizen und neuen Kontakten zu Menschen oder Tieren. Unsere Bitte: Interpretieren Sie das Hundeverhalten einfach nicht, sondern verhalten Sie sich dem Hund gegenüber so normal wie möglich! Das hilft ihm am ehesten, seine Unsicherheit abzulegen und zur Normalität zu finden.
Bitte lesen Sie in diesem Zusammenhang unbedingt auch unsere Hinweise zur richtigen Sicherung des Hundes gerade in den ersten Wochen:
https://podifee.wordpress.com/2013/05/24/wie-man-einen-hund-richtig-sichert/
Zusammenführung mit den eigenen Hunden
Nun haben Sie also Schicksal gespielt und Ihrem Ersthund einfach ohne Mitspracherecht einen anderen Hund vor die Nase gesetzt, den Sie natürlich auch nicht gefragt haben, ja nicht mal kannten. Bei Hunden ist Liebe auf den ersten Blick genauso selten wie bei Menschen, und insbesondere bei verwöhnten Einzelprinzen führt die Ankunft des Nebenbuhlers oft nicht direkt zu Jubelsprüngen. Im Gegenteil: Der Neue wird u.U. angeblafft und eingeschränkt, darf sich nicht frei bewegen. Von Spiel und Kuscheln, wie Sie es sich erträumt haben, keine Spur. Oder: Der neue Welpe nervt den älteren Hund. Schlimmer noch: Der Neue, womöglich älter oder souveräner, erhebt Führungsansprüche – das ist für das liebende Mutterherz, das dem Ersthund mit dem neuen Kumpel doch nur eine Freude machen wollte, nicht leicht zu ertragen. Unsere Bitte: Keine Panik! Haben Sie Geduld! (Wir hatten schon Hundeeltern, die den nervenden Hundewelpen vorschnell zurückgegeben haben – um dann festzustellen, dass der Ersthund ihn suchte, als er weg war, aber es war zu spät.) Natürlich können wir hier kein Patentrezept oder keine allgemeingültige Analyse stellen, aber es gab einmal gute Gründe, warum Sie und wir gemeinsam diese Hunde füreinander ausgesucht haben. Und es gibt nur sehr wenige Hunde, die sich – unter sachkundiger menschlicher Führung – nicht friedlich zusammenführen ließen. Und selbst wenn sich am Ende nicht all ihre Erwartungen und Träume erfüllen, wird sich im Laufe der Zeit in aller Regel eine sehr schöne, durch nichts zu ersetzende, geschwisterliche Vertrautheit und Zugehörigkeit einstellen.
Fell
Ihr Hund hat den ersten Lebensabschnitt auf Mallorca verbracht – und das wird man vermutlich noch sehen. Gerade die hellen, ehemaligen Zwinger-Hunde tragen oft eine charakteristische Apricot-Färbung, die die rote Erde Mallorcas tief ins Fell gerieben hat. Diese wird sich aller Erfahrung nach auch nicht mit ein-, zweimal Shampoonieren völlig beseitigen lassen. Oft bringt erst der Fellwechsel auch den Farbwechsel mit sich. Denn nach einigen Wochen wird sich das Fellkleid des Hundes unweigerlich an das geänderte Klima, Futter und die neuen Lebensumstände (Leben im Haus) anpassen – in der Regel zum sehr viel Besseren.
Podencos und die „gebrochene Rippe“
Speziell bei den Podencos – die ja oft sehr „trocken“, d.h. ohne nennenswerte Fettreserven einreisen (und das ist auch okay so! In Deutschland sind viele Podencos leider schon zu fett) – ereilt uns immer wieder dieselbe Frage: „Hatte der Hund mal einen Unfall? Es scheint, als sei eine Rippe gebrochen?“ Podencos verletzen sich zwar häufig bei der Jagd, die Rippen sind allerdings selten betroffen 😉 – meist bezieht sich die Frage nur auf den Knubbel am Ende des allerletzten verkürzten Rippenbogens, der sich bei vielen dieser sehr schlanken Hunde deutlich durch die Haut abzeichnet. Also kein Anlass zur Sorge!
Der rote Rüde im Vordergrund zeigt das beschriebene
Phänomen der „gebrochenen“ Rippe sehr deutlich.
Futter
Viele Fragen betreffen auch das Futter. Wie die Hunde, die zu uns kommen, zuvor ernährt wurden, wissen wir nicht – wir gehen aber aus der Erfahrung davon aus, dass altes Brot, Essensreste und ganz gewöhnliches Trockenfutter einen erheblichen Anteil daran hatten. Auch im Tierheim verfüttern wir Trockenfutter, und womöglich nicht das Allerbeste. Dennoch sind die meisten Hunde mit dieser Ernährung zu gesunden und wohlgenährten erwachsenen Tieren herangewachsen. Machen Sie sich also erst mal keinen allzu großen Kopf.
Interessanterweise scheinen unsere Flughunde aber regelmäßig zu ahnen, dass nun das Schlaraffenland auf sie wartet, und verschmähen mit angewidert-enttäuschtem Hundeblick das dargereichte Trockenfutter. Nun können Sie sich entweder gleich Respekt beim Hund verschaffen und den Napf ungerührt unberührt wieder wegräumen bis zum nächsten Mal (Bedenken Sie: Es ist noch selten ein gesunder Hund vorm Napf verhungert!). Die wenigsten schaffen das allerdings … und schon regnet es Leberwurst, Kurzgebratenes und andere Delikatessen. Unser Rat: Braten Sie keine Extrawürste! Wenn Sie künftig Trockenfutter füttern möchten, füttern Sie es auch jetzt – Sie können es ja vielleicht ein wenig reizvoller gestalten, indem Sie es mit etwas Nassfutter oder Brühe oder Hüttenkäse pimpen.
Falls Sie barfen: Wir stellen unsere eigenen Pflegehunde übergangslos auf Rohfutter um. Obwohl man oft von Anpassungsproblemen liest, haben wir so gut wie nie Durchfall bei den neuen Hunden erlebt. Manche Hunde brauchen allerdings ein bisschen, um zu ergründen, was sie mit der rohen Fleisch-Gemüse-Pampe eigentlich tun sollen. Es gab schon einige, die sich zunächst einmal darin wälzen wollten 😉
Kastration
In aller Regel verschicken wir erwachsene Hunde nur kastriert, und unter Umständen ist die OP bei Ankunft in Deutschland noch nicht lange her. Das heißt, Rüden haben u.U. noch einen Hodensack, der gar nicht sooo leer aussieht. Also nicht wundern.
Unser Tierarzt kastriert Hündinnen übrigens von der Seite – das ist hier wie dort sehr ungewöhnlich, erspart den Tieren aber den langen, belastenden Bauchschnitt. Er entfernt von der Seite sowohl die Eierstöcke als auch die Gebärmutter. Das heißt, evtl. verbleibt noch ein kleiner Rest der Gebärmutter im Körper, bildet sich aber im Laufe der Zeit von selbst zurück.
Kastrationen vermerken wir auf der letzten Seite des Impfpasses!
Impfungen
Deutsche Tierärzte bekommen offenbar selten Gelegenheit, erwachsene Hunde grundzuimmunisieren. Anders ist kaum zu erklären, warum sie meist fest am Welpenimpfschema kleben, das Wiederholungsimpfungen vorsieht. Bei älteren Hunden – das besagt auch der Beipackzettel der meisten Impfstoffe, schauen Sie ruhig mal nach – genügt aber in aller Regel eine einzige Dosis. Das heißt, eine einzelne Impfung mit einem 8fach-Impfstoff (gegen Parvovirose P, Staupe S, Leptospirose L, Hepatitis H, mehrere Stämme von Zwingerhusten PI und Tollwut R) schützt ein erwachsenes Tier! Lassen Sie sich also bitte nicht verunsichern.
Verwirrung lösen auch die spanischen EU-Impfpässe gerne mal aus, obwohl sie identisch zu den deutschen aufgebaut sind, nur eben in einem anderen Sprachset. Zum einen hat jede Ampulle des üblichen 8fach-Impfstoffs nur ein Etikett, das in den Pass geklebt werden kann. In der Regel wird unser TA dieses unter IV. Vacunació Antiràbica (Tollwut) einkleben und unter VIII. Altres Vacunes (andere Impfungen) nur handschriftlich vermerken.
Auch die Kürzel der Impfstoffe sind in Spanien z.T. anders als in Deutschland. Das „M“ in Canigen MHA2P steht zum Beispiel für Staupe („moquillo“), statt dem gewohnten deutschen „S“.
Mittelmeertest
Deutsche Tierärzte empfehlen den Neu-Haltern eines Südhundes gern gleich beim ersten Besuch einen kompletten Mittelmeertest, spätestens aber beim leisesten Krankheitssymptom – auch wenn es gar nicht wirklich zu irgendeiner der unter dem Begriff gemeinten parasitären Erkrankungen passt.
Wir leugnen natürlich nicht die Existenz der Mittelmeerkrankheiten – der Erfahrung nach sind sie in den meisten der empfohlenen Fälle aber überhaupt nicht das Problem. Bitte lesen Sie dazu auch https://podifee.wordpress.com/2013/05/27/gedanken-zu-mittelmeerkrankheiten/
Kurzum: Wir testen alle unauffälligen(!), symptomfreien(!) Hunde routinemäßig nur auf Leishmaniose mit einem Schnelltest. Das Ergebnis wird auf der letzten Seite des Passes eingetragen. Sollte der Test positiv gewesen sein, haben wir Sie aber ohnehin umgehend darüber informiert.
Entwurmungen
Natürlich sind unsere Hunde entwurmt, oft mehrfach und in aller Regel auch profilaktisch mit Panacur (oder spansichem Äquivalent) gegen Giardien (Eintrag im Pass unter VII.)
Medizinische Versorgung
Im Normalfall sehen unsere Tierheimhunde den Tierarzt dreimal: Bei Aufnahme im Tierheim inkl. Chippen und Impfen, noch einmal bei der Kastration und dem Leishmaniose-Test, und dann noch einmal kurz vor der Ausreise zur Bestätigung der Reisefähigkeit.
Ab und an äußern Neu-Hundeeltern Unverständnis, warum dieser oder jener Befund nicht gestellt oder behandelt wurde. Stellen Sie sich bitte die Eingangsuntersuchung etwa so vor wie die Untersuchung beim deutschen Tierarzt vor der jährlichen Impfung. Das heißt, es wird das Gesamterscheinungsbild des Hundes beurteilt, ins Maul und in die Ohren geschaut, das Herz abgehört, und der Bewegungsapparat angeschaut etc. Natürlich werden erkannte Erkrankungen (z.B. Entzündungen an Ohren oder Zähnen) behandelt, aber bedenken Sie bitte, dass der spanische Ansatz ein wenig … sagen wir … fatalistischer ist: Das Herz hat Nebengeräusche? Ist halt so bei nem alten Hund. Ein Lidrandtumor? Ist halt so. Ein alter Beinbruch? Da kann man jetzt nicht mehr viel machen. Hinzu kommt, dass unser Dorftierarzt für mehr als einfaches Schallen und Röntgen nicht ausgestattet ist. Tiere, die unseres Erachtens aufwändigere Untersuchungen bzw. Behandlungen benötigen, schicken wir daher in aller Regel erst mal zur Pflege nach Deutschland.
Wer uns kennt, weiß, dass wir keine Kosten und Mühen scheuen, wenn einem Tier medizinisch geholfen werden muss. Aber behalten Sie bitte auch immer im Hinterkopf, dass in einem Tierheim evtl. Krankhaftes nicht so schnell auffällt wie im Umfeld des eigenen Heims. Wer die Hunde nur punktuell im Zwinger mit anderen Tieren beobachtet, wird z.B. auffällig große Trinkmengen oder zu häufiges Wasserlassen schwer bemerken. Oder wo der Hund physisch nicht groß belastet wird, zeigen sich Knochenprobleme evtl. nicht so deutlich. Solche Dinge zeigen sich oft erst auf einer Pflegestelle – oder eben auf der Endstelle.